18.07.2013
Von: Thomas Kahlix

18. Juli 2013 Hochwasserschutzgemeinschaft Köln- Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger und die Politik der Stadt Köln


Das aktuelle Hochwasser im Osten und Süden Deutschlands muss Zivilgesellschaft und Politik auch am Rhein alarmieren. Insbesondere Köln, das in großen Teilen nur einen "100- jährlichen Hochwasserschutz" *) besitzt, ist allein mit einem Schadenpotential von über  5 Milliarden Euro und einem Gürtel umweltgefährdender Industrie (Petrochemie!) die am stärksten gefährdete Stadt am ganzen Niederrhein. Bereits eine vergleichsweise deutlich schwächere Hochwasserwelle wäre eine Katastrophe mit fast einer halben Million Betroffenen. Schon deshalb und weil Erhöhung der Deiche die Lage nur verschlimmert - muss von Köln die Initiative zu einer nachhaltigen Verringerung der Risiken ausgehen, und zwar auf überregionaler wie regionaler Ebene.
Das heißt im Einzelnen:
1. Alle irgendwie machbaren Entlastungsmöglichkeiten (z.B. Engpassbeseitigung, Deichrückverlegungen, Auenvitalisierungen und Notfall-Rückhaltungen = "Raum für den Fluss") müssen unverzüglich erfasst und nach Wirksamkeit gestuft umgesetzt werden im ganzen Flussgebiet, aber auch und ohne "wenn und aber" im Kölner Stadtgebiet.
2. Es muss eine schlagkräftige Koordinationsinstanz **) her, die längs des gesamten Rheins, aber auch in zusammengehörigen Abschnitten (Rheingraben NORD) für Effizienz und Tempo sorgt. Notfalls muss der Bund Weisungsbefugnis erhalten.
3. Die Entlastungsprojekte müssen ab Beginn unter Partizipation aller Betroffenen geplant
und ausgeführt werden, um eine größtmögliche Akzeptanz zu erreichen und Klagen zu vermeiden.
4. Die Diskussion darf nicht durch historisch gewachsene Denkverbote behindert werden. Weder anscheinend unverzichtbare Ausbauprojekte noch Aufgabe von Siedlungen dürfen tabu sein.
5. Vorsorge heißt auch Reduzierung des Gefahren-und Schadenpotentials hinter den Schutzlinien. Das Vernichten von Retentionsraum (Auffüllen, nicht flutbare Baukörper) darf dort nicht mehr zulässig sein.
6. Ergebnisse sind zügig anzusteuern. Deshalb ist die Verständigung auf konkrete Ziele erfoderlich, z.B. über 5-Jahres-Pläne.
7. Für die Kölner Bürger*innen ist die ehrliche Offenlage der tatsächlichen Gefährdungslage und die öffentliche Abstimmung der Notfallplanungen für den Katastrophenfall Voraussetzung für eine risikobewusste und resiliente Stadtentwicklung. Zur Schadenbegrenzung bei Hochwässern über 11.30 bzw. 11,90 m Kölner Pegel sind vorbereitete "zweite Linien" unerlässlich und öffentlich zu diskutieren. Die bis 2015 umzusetzende EG-Hochwasser-Risikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) empfiehlt im übrigen die oben skizzierten Strategien zur Risikovorsorge. Allerdings ist noch nicht zu erkennen, wie diese seitens des Landes NRW / der Länder koordiniert und erfolgsorientiert angewendet werden sollen. Der schon 1998 unter dem Eindruck der Hochwässer der Neunziger Jahre (Rhein 1993,1995; Donau 1996; Oder 1997) beschlossene "Aktionsplan Hochwasser Rhein" der IKSR hat seine Ziele bei weitem nicht erreicht (Absenkung der Hochwasser-Pegel am Niederrhein um 70 cm, Reduzierung des Schadenpotentials hinter Deichen um 25%). Wie lange soll noch gewartet werden?
*) Vielfach wird diese Angabe der Eintrittswahrscheinlichkeit missverstanden (als: "alle hundert Jahre ein Mal"). Es heißt aber nur,
dass für jedes Jahr ein einprozentiges Risiko besteht. Für jedes Jahr neu €¦
**) Das könnte die bestehende FGG Rhein werden, aber anders aufgestellt und mit breiter Partizipation. Die Flussgebietsgemeinschaft Rhein ist die Nachfolgerin der sog. DEUKO (Deutsche Kommision) bei der IKSR, die u.a. die Umsetzung der EG-Richtlinie koordinieren soll. Wie auch immer, die EU hat ein ländergrenzüberschreitendes Gremium in Deutschland angemahnt.
Köln, den 18. Juni 2013
Hochwasserschutzgemeinschaft Köln gez. Hans Flock, Gerhard Müller, Thomas Kahlix
Interessengemeinschaft Kölner Süden gez. Dieter Maretzky
Aktionsgemeinschaft Contra Erweiterung Godorfer Hafen gez. Helmut Feld
ViSdP: Thomas Kahlix, Wilhelmstr.52 50996 Köln; 0221-394941; bi-hochwasser@gmx.net; www.hochwasser.de