23.05.2014
Von: Dieter Neef

21. Mai 2014 Faktenklärung der AG Contra Erweiterung Godorfer Hafen für die Kölner Parteien


Warum vor allem die Parteien den aktuellen Faktenstand der Diskussion für die Koalitionsgespräche nach dem 25. Mai erfahren sollten?
Die Wahl am 25. Mai eröffnet die Chance für neue Koalitionen und damit auch die Chance für eine Neubewertung des Projekts der Hafenerweiterung Godorf. Der Ausbau ist zumindest für die nächsten 20 Jahre überflüssig. Wir setzen darauf, dass sich über die Zeit die harten Fakten zur Überflüssigkeit durchsetzen und damit die Fehlinvestition von 70-80 Mio ‚¬ und die Zerstörung von 150.000 qm Naturschutzgebiet erübrigen.  
Zur Erinnerung:
1988 wurde für die Erforderlichkeit von Godorf ein Junktim beschlossen:
Der Ratsbeschluss der Sitzung vom 8. November 1988 enthält ausdrücklich folgende "Voraussetzung" für die Aufstellung eines Bebauungsplans für Godorf: "Absatz 2 a): Der konkrete Flächenbedarf muss unter Einbeziehung der Kapazitätserweiterung in Niehl nachgewiesen werden" Quelle: Dr. Heugel (SPD) Wortprotokoll Ratssitzung 8. November 1988, S. 461. Dr. Bietmann (CDU) ergänzt, man werde " sehr sorgfältig prüfen, ob diese Notwendigkeit unter der Einbeziehung Kapazitätserweiterung in Niehl tatsächlich besteht" (S. 462)
Fazit: Die Ratsmehrheit aus CDU und SPD wollten damals sicherstellen, dass Godorf solange nicht realisiert wird, solange alternative Erweiterungen verfügbar sind. Dieses Junktim wurde bisher zweimal verletzt bzw. unterlaufen:
A. 1988-2030: Die ab 1988 behaupteten "ausgeschöpften Reserven im Hafen Niehl" hat es nie gegeben und wird es auch in den nächsten 20 Jahren nicht geben:

1. Was behauptet wurde: Die HGK konnte der Bezirksregierung im Planfeststellungsbeschluss 2006 "nachweisen", dass sie "die Möglichkeit einer Steigerung des Containerumschlags im Hafen Niehl I bereits ausgeschöpft und damit die Kapazitätsgrenzen dort erreicht hat" (Quelle: Planfeststellungsbeschluss 2006, S.. 88). In der Ratssitzung zum Baubeschluß 2007 erklärte HGK-Vorstandssprecher Dr.
Bender: "Niehl platzt aus allen Nähten. Der Hafen Niehl ist voll ausgelastet..." (Quelle: Ratssitzung 30. August 2007, Wortprotokoll, S. 24).
2. Wie die Realität aussah: Die im Rat 1988 von CDU und SPD beschlossenen sorgfältigen Prüfungen der Niehl Erweiterungen fanden über 20 Jahre lang nie statt. Sie hätten Kritisches zutage gefördert: a. Planverfahren 1: In den Jahren 1988 bis 2008 unterlief die HGK das Junktim und rüstete 33 % der Nutzfläche in Niehl für Container um: 143.000 qm oder jedes Jahr etwa ein Fußballfeld
b. Planverfahren 2: Die HGK-Kehrtwende 2012: Jetzt ist es sogar offizieller HGK-Plan, bis 2030 weitere 110.000 qm oder 25 % der Nutzfläche in Niehl umzurüsten für eine Verdoppelung der dortigen Umschlagskapazität. Quelle: Beschlussvorlage Oktober 2012 - auf Basis des Planco-Gutachtens "Marktanalyse für die Kölner Häfen" vom August 2012 (Anlage 5 der Beschlussvorlage S. 37,43,46).
B. 2010-2030: Die Niehl-Erweiterung wird "jetzt" eingestanden, aber "jetzt" wird die massive Erweiterung in drei weiteren Terminals der Kölner Region ausgeblendet:
1. Was behauptet wird: Die Beschlussvorlage 2012 auf Basis des Planco-Gutachtens bezieht nur die "Kölner" "Häfen", also nur Niehl und Godorf, in die Kapazitätsrechnung ein. Hier wird bis 2030 noch optimistisch eine Verdreifachung des Containerumschlags prognostiziert (+5.8 % p.a.) und dies erfordere eine Verdoppelung im Hafen Niehl durch Umrüstung für ca. 200.000 TEU (nur Schiff+Bahn ohne LKW) und in Godorf durch Hafenerweiterung für ca. die gleiche Neu-Kapazität von 200.000 TEU..
2. Wie die Realität aussieht:
a. Die realen Kapazitäten: Die Wirtschaft der Kölner Region kann nach einem massiven Investitionsschub von 237 Mio ‚¬ auch künftig über Erweiterungen an vier Standorten - ohne Godorf - verfügen, um ihre Container umzuschlagen: Niehl (erweiterbar s.o.), Bonn (erweitert 2012), Eifeltor (erweitert 2012) und Köln-Nord (seit 2012 im Bau). Mit diesen Erweiterungen verdoppelt sich die Kapazität in der Region von ca. 1.55 Mio TEU auf 3.06 Mio TEU (+3.6 % p.a.).
b. Der reale Bedarf: Nach den aktuellen Prognosen des BM für Verkehr für den Bundesverkehrswegeplan BVWP 2015 wird sich der Markt der Seehäfen und entsprechend auch der Hinterlandhäfen 2010-2030 nur noch um +4.3 % p.a. vergrößern, nachdem in der vorigen Prognose im BVWP 2007 für 2004-2025 noch +6.0 % p.a. vorausgesagt worden waren (=HGK +5.8 % p.a. s.o. Pkt. B.1.).
Mit den vier Standorterweiterungen verbleibt nur noch eine Lücke von 0.7 %-Punkten zwischen Bedarf (+4.3 p.a.) und Kapazität (+3.6 % p.a.), die durch Effizienzsteigerungen geschlossen werden kann. 2007 wurde per Godorf-Gutachten eine falsche Wirtschaftlichkeit festgestellt:
C. Falsch waren die absurde ca. 70 % Umsatzrendite (Vergleichshäfen 5 %) und das Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2.5 (ohne die unzulässige 28 Mio ‚¬ Subvention nur 0.4).

Fazit: "Stichhaltige Nachweise" für die Erforderlichkeit oder Wirtschaftlichkeit von Godorf wurden nie vorgelegt! Das unverantwortliche Risiko einer Fehlinvestition von 70-80 Mio ‚¬ und der Zerstörung von 150.000 qm des Naturschutzgebiets der Sürther Aue steht dennoch unverändert im Raum.